Seite lädt...

Feuilleton

Alles Gold

teilen

KUNSTwerk an der Schmiedestraße widmet sich dem Edelmetall

„Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles. Ach, wir Armen“, seufzt Gretchen, als sie Fausts Geschenk findet und ihr schwant, dass sie das Geschmeide niemals wird tragen können in ihrem sozialen Stand. Weshalb es die Mutter gleich zum Pfaffen trägt, weil die Kirche ja „einen großen Magen“ hat und alles schluckt. Mephisto tobt. Dafür darf er knapp 100 Jahre später in Charles Gounods Oper „Margarete“ zum Beispiel triumphieren, wenn er das „Rondo ums Goldene Kalb“ schmettert: „Doppelflöten, Hörner, Geigen/ Spielen auf zum Götzenreigen/… Aaron selbst wird fortgezogen/ Von des Tanzes Wahnsinnwogen,/ Und er selbst, der Glaubenswächter,/ Tanzt im Hohenpriesterrock,/ Wie ein Bock – Paukenschläge und Gelächter!“ Die Übersetzung des hebräischen Textes stammt übrigens von Heinrich Heine!

Die meisten erliegen dem Glanz des Goldes, die Geschichte ist eine unendliche und nicht nur die Maya hätten in ihr Platz. Die Künstler:innen von KUNSTwerk, Werkstatt und Atelier an der Schmiedestraße, auch? Die neueste Ausstellung der äußerst regen Truppe, die sich ja erst im März dieses Jahres zusammen tat und leerstehende Räume im Schnellenmarktquartier bezog, widmet sich in der bereits sechsten (!) Ausstellung dem Edelmetall auf die eine oder andere Weise; als Bild, Installation oder Skulptur. Zwischen banal und politisch.

Craig Ashton zum Beispiel hat aus einem großen Bogen Goldpapier ein Origami gefaltet: Einen Kranich. Ich denke, jeder, der einen so gefalteten Vogel sieht, denkt an das kleine Mädchen in Hiroshima, das nach dem verbrecherischen Atombombenabwurf im August 1945 auf dem Krankenbett diese Faltarbeiten begann. Der Vogel des Glücks sollte auch ihr Glück, vor allem Gesundheit bringen. 1000 Kraniche wollte sie gestalten – bis zu ihrer Genesung. Sie hatte es nicht geschafft. Die Besucher der Ausstellung können sich auch versuchen, ob 1000 zu schaffen sind für Glück und – Frieden?

Klaus Krampikowski: Die goldene Ananas

Beata Krampikowski: Ungenügend

Beata Krampikowsi und ihr Mann Frank, der als Gast an der Ausstellung teilnehmen darf, bringen mit ihren Arbeiten den ihnen typischen (hintersinnigen) Humor mit. Beata Krampikowski nannte ihr Bild „Ungenügend“. Darauf ein Esel, es ist der Goldesel aus dem Märchen „Tischlein, deck dich“, der allerdings nur ihm eigene Verdauungsprodukte produziert und nicht etwa Dukaten. Sein Besitzer guckt ihm konsterniert untern Schwanz, das Ergebnis bleibt das gleiche. Frank Krampikowski nennt sein Bild „Die goldene Ananas“, darauf wurde eine halbe Südfrucht mit Klebeband auf die Leinwand geklebt. Der Witz erschließt sich sofort: Hatte doch ein chinesischer Unternehmer für die Arbeit von Maurizio Cattelan 5,8 Millionen Euro auf den Tisch geblättert, dabei klebte dort nur eine Banane! Wie viel Gutes hätte man mit diesem Geld tun können? Wie krank ist diese Welt? Frank Krampikowski spießt das auf. 5,8 Millionen wird er dennoch nicht bekommen dafür. Eigentlich sehr schade.

Man kann verweilen vor den Arbeiten der Ausstellung. Vor den kleinen Skulpturen von Claudia Krieghoff-Fraatz, der Leichtigkeit der Bilder von Sophia Bornhagen und Petra Vollmer oder der Installation von Astrid Teske „Hansegold“, die man auch als böse Hommage an diese Stadt auslegen kann (sollte?).

Bis zum 4. Januar 2025 ist die Schau zu sehen. KUNSTwerk hat die Öffnungszeiten kompakter gestaltet: donnerstags und freitags von 15.30 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr. Gehen Sie hin und suchen Sie das Gespräch! Zudem steht der Künstlerzusammenschluss kurz vor der Vereinsgründung um handlungsfähig zu bleiben, wenn die Förderung durch die Stadt, die bis November 2025 verlängert wurde, ausläuft. Denn die Resonanz sei bis jetzt erfreulich gewesen, sagt Ulrike Bals, eine der Organisatoren, auf Nachfrage.

Barbara Kaiser – 01. Dezember 2024

Sophia Bornhagen: Himmlischer Abglanz

Bestattungshaus Kaiser